Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) im Rückblick

Das am 1. Oktober 2017 in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sollte große Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube dazu verpflichten, konsequent gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Von Beginn an umstritten, war es für viele eine Bedrohung der Meinungsfreiheit. Mit der Einführung des „Digital Services Act“ (DSA) wurde das NetzDG inzwischen weitgehend abgelöst. Dies bietet eine gute […]

Jan 17, 2025 - 16:50
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) im Rückblick

Das am 1. Oktober 2017 in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sollte große Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube dazu verpflichten, konsequent gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Von Beginn an umstritten, war es für viele eine Bedrohung der Meinungsfreiheit. Mit der Einführung des „Digital Services Act“ (DSA) wurde das NetzDG inzwischen weitgehend abgelöst. Dies bietet eine gute Gelegenheit, nach knapp sieben Jahren zurückzublicken.

Ziele und Hintergründe des NetzDG

Das Internet könnte so schön sein, es bietet zahlreiche Möglichkeiten, sich mit anderen auszutauschen, mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, sich weiterzubilden oder neue Dinge zu entdecken. Doch neben diesen positiven Aspekten bekommt man schnell die Schattenseiten zu spüren. Hassrede, Diskriminierung, Bedrohungen und Fake News sind nur einige Beispiele. Hierbei handelt es sich dann oft um rechtswidrige Inhalte. Mit dem Ziel gegen eben solche Inhalte vorzugehen, wurde das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geschaffen. Es handelte sich hierbei um eines der ersten Gesetze weltweit, welches die Betreiber von Sozialen Netzwerken stärker in die Verantwortung nahm, indem es sie direkt dazu verpflichtete, konsequent gegen strafbare Inhalte vorzugehen.

Das Gesetz galt für alle sozialen Plattformen, welche mindestens zwei Millionen registrierte Nutzer in Deutschland haben, wie beispielsweise Facebook oder Twitter. Es verpflichtete die Betreiber dieser Plattformen dazu, ein Meldesystem einzurichten, über das Nutzer rechtswidrige Inhalte gemäß den Bestimmungen des NetzDG melden konnten. Des Weiteren wurden strikte Löschfristen festgelegt. So mussten offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden entfernt werden. Bei nicht eindeutig rechtswidrigen Inhalten galt eine Frist von sieben Tagen. Zudem wurden die Plattformen nun dazu verpflichtet halbjährlich Berichte in deutscher Sprache zu veröffentlichen, in denen sie sämtliche Informationen, wie beispielsweise eingegangene Beschwerden, ergriffene Maßnahmen und ihre Anstrengungen zur Verhinderung strafbarer Inhalte veröffentlichten. Bei Verstößen gegen diese Vorgaben drohten Strafen von bis zu 50 Millionen Euro.

Kritik und Herausforderungen des NetzDG

Das NetzDG wurde trotz guter Absichten vielfach kritisiert. Eine zentrale Problematik betraf die Entscheidung, ob ein gemeldeter Inhalt rechtswidrig war oder nicht. Diese Verantwortung lag zunächst bei den Plattformbetreibern, die gemeldete Inhalte prüften und innerhalb strikter Fristen reagieren mussten. Dies setzte die Plattformen unter erheblichen Zeitdruck, was ihre Entscheidungen beeinflusste und die Gefahr fehlerhafter Bewertungen erhöhte.

Infolgedessen bestünde die Gefahr des sogenannten „Overblocking“. Dieser Begriff beschreibt die Handlung von Plattformen, mehr Inhalte zu blockieren oder zu löschen, als tatsächlich rechtlich erforderlich wäre. Mit dem Ziel, am Ende keine hohen Bußgelder zahlen zu müssen. Ein solches Vorgehen kann dabei erheblich in die Meinungsfreiheit eingreifen, da somit auch rechtmäßige Beiträge entfernt werden. Zwar gab es Anzeichen dafür, dass Plattformen durch das NetzDG tendenziell mehr legale Inhalte sperrten, das konnte aber nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden.

Zudem hatten manche Plattformen durch sogenannte „Dark Patterns“ einen erschwerten Meldeprozess. Anstatt die für das NetzDG erforderlichen Meldeformulare leicht auffindbar zu machen, waren diese oft sehr schwer zu finden oder nur über umständliche Wege erreichbar. Zahlreiche Anleitungen im Internet dokumentieren, wie kompliziert dieser Prozess für Nutzer sein konnte. Dies führte dazu, dass weniger Nutzer Meldungen abgaben, was den Arbeitsaufwand für die Plattformen verringerte.

Die Vorteile des NetzDG

Neben der berechtigten Kritik kann man dem NetzDG auch einige positive Entwicklungen zuschreiben. Es hat dafür gesorgt, dass die Plattformbetreiber dazu bewegt wurden, mehr Verantwortung zu übernehmen und proaktiver gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist, die Einführung der regelmäßigen Transparenzberichte, die es ermöglichen nachzuvollziehen, wie Plattformen beispielsweise mit Meldungen umgehen. Außerdem werden hierbei jede Menge empirischer Daten zur Verfügung gestellt, mit denen effektivere Forschungen zu dem Thema angestellt werden können. Mit den Ergebnissen lassen sich dann möglicherweise bessere Wege und Lösungen finden, um gegen Kriminalität im Internet vorzugehen.

Auch wenn manche Plattformen zuvor schon ähnliche Transparenzberichte veröffentlichten, sorgte das NetzDG nun für eine rechtliche Verpflichtung und stellte dabei konkrete Vorgaben, welche Informationen in einem solchen Bericht enthalten sein mussten.

Ein weiterer Vorteil des Gesetzes war, dass es dazu beigetragen hat, das Thema Hasskriminalität im Internet stärker in den Fokus zu rücken. Es hatte eine öffentliche Diskussion angestoßen, die viele Menschen für die Problematik sensibilisiert hat. Auch die EU hat in der Folge den Digital Services Act (DSA) verabschiedet, das viele der Grundsätze des NetzDG aufgreift, weiterentwickelt und inzwischen in vielen Punkten ersetzt.

Vom NetzDG zum DSA

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hatte trotz seiner vielen Schwächen, durchaus seine Daseinsberechtigung. Es war ein früher Versuch, den Herausforderungen von Hasskriminalität im digitalen Raum zu begegnen. Die beim NetzDG gesammelten Erfahrungen konnten genutzt werden, um beim Digital Services Act vermeidbare Fehler zu verhindern. Allerdings ist auch der DSA nicht frei von Schwächen und sollte weiterentwickelt werden, um den digitalen Raum sicherer zu machen, ohne dabei die Freiheit der Nutzer einzuschränken.


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