Gibt es ein Recht auf kostenlose Kopie der Patientenakte?

Der EuGH hat sich in einem Urteil vom 26.11.2023 (C‑307/22) zur Kostenverteilung bei der Erteilung einer Abschrift der Patientenakte geäußert. Dabei ging es um die Frage, ob es mit Art. 15 DSGVO vereinbar ist, dass der Patient die Kosten für die Erteilung der Abschrift zu tragen hat. Der EuGH verneinte dies. Dieser Beitrag gibt die […]

Jan 10, 2025 - 13:20
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Gibt es ein Recht auf kostenlose Kopie der Patientenakte?

Der EuGH hat sich in einem Urteil vom 26.11.2023 (C‑307/22) zur Kostenverteilung bei der Erteilung einer Abschrift der Patientenakte geäußert. Dabei ging es um die Frage, ob es mit Art. 15 DSGVO vereinbar ist, dass der Patient die Kosten für die Erteilung der Abschrift zu tragen hat. Der EuGH verneinte dies. Dieser Beitrag gibt die Begründung des Gerichts wieder.

Wer trägt laut BGB die Kosten für die Kopie der Patientenakte?

Gemäß § 630f BGB ist der Arzt verpflichtet, unverzüglich nach der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder digital anzulegen bzw. fortzuführen. In der Akte sind alle für die Behandlung bedeutsamen Tatsachen festzuhalten – wie Anamnesen, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien, Eingriffe und deren Folgen, Einwilligungen und Aufklärungen. Der Arzt hat die Akte für mindestens zehn Jahren nach Ende der Behandlung aufzubewahren. Für die Erteilung einer Abschrift der Patientenakte an den Behandelten sieht § 630g Abs. 2 BGB vor:

Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

Wie kam die Frage der Kostenlast für die Kopie zum EuGH?

Der Kläger befand sich bei der Beklagten in zahnärztlicher Behandlung. Da er vermutete, dass seine Behandlung fehlerhaft gewesen sei und ihm ein Schadensersatzanspruch zustehen könnte, verlangte er von der Beklagten die kostenlose Überlassung einer ersten Kopie seiner Patientenakte. Die Beklagte meinte, dass der Kläger die Kosten hierfür zu tragen hab und verwies hierzu auf den Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Dieser lautet, soweit relevant, wie folgt:

Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen.

Der mit der Sache befasste BGH legte dem EuGH zur Klärung der Kostenlast unter der DSGVO folgende Frage vor:

Ist Art. 15 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 5 DSGVO dahin gehend auszulegen, dass der Verantwortliche (hier: der behandelnde Arzt) nicht verpflichtet ist, dem Betroffenen (hier: dem Patienten) eine erste Kopie seiner vom Verantwortlichen verarbeiteten personenbezogenen Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (…)?

War die Kopie der Patientenakte unentgeltlich zu erteilen?

Der EuGH beginnt seine Ausführungen damit, dass nach Art. 12 Abs. 5 DSGVO dem Betroffenen bei der Ausübung ihres Rechts auf Auskunft gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO prinzipiell keine Kosten für die Erfüllung des Anspruchs entstehen dürfen, außer der Antrag sei offensichtlich unbegründet oder aber exzessiv (Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. a DSGVO). Erwägungsgrund 63 Satz 2 der DSGVO stelle klar, dass der Auskunftsanspruch auch personenbezogene Daten aus der Patientenakte umfasse. Angesichts der hohen Bedeutung des Auskunftsrecht, dürfe der Verantwortliche die Überlassung der Kopie nicht von der Zahlung einer Gebühr abhängig machen außer, wenn die DSGVO eine abweichende Regelung vorsehe. Nationale Regelungen mit einer anderen Kostenverteilung – wie hier § 630g Abs. 2 S. 2 BGB – seien mit der DSGVO unvereinbar.

Recht auf Kopie: Konsequenz für nationale Entgeltregeln

Das Urteil des EuGH ist eine Folge des vollharmonisierenden Ansatzes der DSGVO. Danach dürfen die Mitgliedstaaten im Grundsatz nicht von der DSGVO abweichen. Das heißt für Ärzte, dass sie die Erteilung einer Kopie der Patientenakte nicht mehr auf Basis von § 630g Abs. 2 S. 2 BGB von der Zahlung einer Gebühr abhängig machen dürfen. § 630g Abs. 2 S. 2 BGB dürfte daher in den allermeisten Fällen nunmehr als obsolet gelten und daher zur Klarstellung gestrichen werden.


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