Zufriedenere Mitarbeiter dank mehr Gestaltungsmöglichkeiten – dieses Konzept hilft

Mitarbeitende wirken unzufrieden? Durch Job Crafting können Vorgesetzte ihr Team dabei unterstützen, ihre Tätigkeit besser auf ihre Stärken abzustimmen und so die Zufriedenheit zu steigern. So geht es. The post Zufriedenere Mitarbeiter dank mehr Gestaltungsmöglichkeiten – dieses Konzept hilft appeared first on impulse.

Jan 11, 2025 - 07:34
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Zufriedenere Mitarbeiter dank mehr Gestaltungsmöglichkeiten – dieses Konzept hilft
Wer eine Stellenanzeige liest, gleicht im Kopf ständig ab: Das kann ich, das kann ich nicht, das mag ich, das mag ich nicht, das liegt mir, das liegt mir nicht… Jeder Job hat Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Was aber, wenn diese Anforderungen – in einem vertretbaren Rahmen – anpassbar wären? Wenn Mitarbeitende im offenen Austausch miteinander absprechen könnten, wer welche Aufgaben erfüllen möchte und welche nicht? In der Arbeitspsychologie nennt man das Job Crafting. Vorgesetzte profitieren in hohem Maß davon. Warum und wie, das erklärt Coach und Teamentwickler Christian Thiele. Was versteht man unter Job Crafting? Im Deutschen lässt sich Job Crafting mit „aktiver Arbeitsplatzgestaltung“ übersetzen. Der Begriff wurde um die Jahrtausendwende von den beiden Organisationsforscherinnen Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton von der Yale University geprägt. Beim Job Crafting verändern Mitarbeitende einzelne Aspekte ihrer Tätigkeiten, um diese an die eigenen Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten anzupassen. Im Fokus stehen drei Komponenten: Die physische Komponente (Task Crafting): Aufgaben nach individuellen Stärken und Interessen anpassen. Die kognitive Komponente (Cognitive Crafting): Die eigene Arbeit als wertvoll wahrnehmen und ein positives Mindset zum Job entwickeln. Die soziale Komponente (Relational Crafting): Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen neu strukturieren und anders organisieren, um Menschen, die gut miteinander arbeiten, zusammenzubringen oder die Zusammenarbeit zwischen Teams und Abteilungen zu optimieren. Das Ziel von Job Crafting ist es, mehr Zufriedenheit im Job durch selbstbestimmtes Arbeiten zu erreichen – und dadurch die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden zu steigern. Teamentwickler Thiele zeichnet ein anschauliches Bild: „Job Crafting heißt, meinen Beruf nicht als eine starre Form aus Beton zu sehen, in die ich hineinpassen muss, sondern als etwas Wachsartiges, das ich – in einem gewissen Rahmen – selbst gestalten kann.“ Mehr zum Thema Maßnahmen zur Work-Life-Balance Überarbeitete Mitarbeiter? 5 simple Ideen, wie Sie Ihr Team entlasten Job Crafting Beispiele In seinem Podcast „Positiv Führen“ berichtet Thiele von einem Job-Crafting-Beispiel auf der Task-Crafting-Ebene: Eine Apothekerin hat große Freude am Umgang mit den Kundinnen und Kunden, das Qualitätsmanagement aber strengt sie an. Einer Angestellten geht es umgekehrt, denn Dokumentationssysteme, Personalschulungen und geeignete Softwares für die Apotheke verfolgt und optimiert sie mit Begeisterung. Nach Absprache teilen die Frauen die beiden Aufgabenfelder untereinander auf. Weitere Job-Crafting-Beispiele können sein: Das Onboarding neuer Kollegen übernimmt nicht mehr die/der Vorgesetzte, sondern der jeweilige Teamleiter (Task Crafting). Jemand aus dem Reinigungsteam eines Krankenhauses nimmt die eigene Arbeit anders wahr als zuvor: Statt „nur“ Räume zu reinigen, sieht die Person ihre Arbeit zusätzlich als wichtigen Teil des Genesungsprozesses der Patienten an. Schließlich ist eine saubere Umgebung wichtig, um zusätzliche Infektionen zu vermeiden und gesund zu werden. (Cognitive Crafting). Eine neue Mitarbeiterin im Vertrieb sucht aktiv Kontakt zu den Mitarbeitenden aus der Produktentwicklung, um durch den besseren persönlichen Austausch bessere Ergebnisse zu erzielen (Relational Crafting). Damit Job Crafting funktioniert, müssen Angestellte sich untereinander absprechen und ihre Stärken und Schwächen sowie Interessen aufeinander abstimmen. Job Crafting: Risiko oder Chance für Vorgesetzte? Per Definition finden die vorgenommenen Veränderungen beim Job Crafting informell und ohne das Wissen der Führungskraft statt. Job Crafting ist aber nicht gleichzusetzen mit Cheffing, also damit, dass Mitarbeitende quaso von unten führen.  Denn es geht bei Job Crafting nicht darum, das Handeln der Führungskraft zu beeinflussen oder gar zu lenken. Vielmehr ist die Idee, mehr Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit im Job zu erlangen, indem die Mitarbeitenden einzelne Aspekte ihres Berufsalltags verändern und optimieren. Chefs können selbstbestimmtes Arbeiten aktiv fördern und sich in den Job-Crafting-Prozess einbringen. Thiele: „Eine Führungskraft, die die Stärken der Mitarbeitenden benennt und anerkennt, und zudem bewusst Freiraum für unterschiedliche Wege lässt, macht erfolgreiches Job Crafting wahrscheinlicher.“ So steigern Chefs Arbeitszufriedenheit im Team Statt Job Crafting einfach passieren zu lassen, sollten Vorgesetzte die selbstbestimmte Arbeitsoptimierung von sich aus ins Spiel bringen. Zum Beispiel, indem sie sich Wissen über Job Crafting aneignen und dieses dann teilen. „Seminare, Workshops, Online-Learning-Kurse, Podcasts und ähnliches helfen, Job Crafting in der eigenen Firma anzustoßen“, sagt Thiele. Persönliche Vorlieben, Stärken und Schwächen können Cheffinnen und Chefs gezielt im Mitarbeitergespräch herausfinden – wenn sie diese im Arbeitsalltag und Austausch nicht ohnehin bemerken. Zudem bieten Tools wie Mentoring und Tandemarbeit ideale Möglichkeiten zum Austausch. Job-Crafting-Fragebogen für Vorgesetzte Oft wissen Mitarbeitende sehr genau, was anders werden müsste, damit ihre Zufriedenheit im Job steigt. In einem persönlichen Gespräch können eben jene Punkte offengelegt werden. Die folgenden Fragen an Mitarbeitende helfen Vorgesetzten dabei, Job Crafting erfolgreich einzuleiten: Was macht Ihnen Freude? Worin sind Sie gut? Was ist Ihnen in jüngster Zeit gelungen? Mit wem arbeiten Sie gern zusammen? Was an Ihrer Arbeit erleben Sie als sinnvoll/bedeutsam? Worauf freuen Sie sich in nächster Zeit? Was gibt Ihnen Energie im Job? Was müsste sich in Ihrem Job ändern, damit sich Ihre Motivation erhöht? Mehr zum Thema Führen durch Fragen 60 Fragen, die Sie Ihren Mitarbeitenden stellen sollten Was sagt die Wissenschaft über Job Crafting? Wer Aspekte seines beruflichen Alltags selbstbestimmt steuern und nach den eigenen Stärken wählen kann, ist eher zufrieden im Job. „Das legt ein solider, permanent wachsender Bestand an wissenschaftlicher Forschung aus den letzten 20 Jahren nahe“, betont Thiele. In seinem Buch „Job Crafting: Erfüllter und erfolgreicher arbeiten – mit Hilfe der Positiven Psychologie“ greift der Experte mehrere Studien auf, die untersucht haben, welche Vorteile die aktive Arbeitsplatzgestaltung hat. Dazu gehört unter anderem eine große Meta-Analyse, die mehr als 120 Studien mit insgesamt über 35.000 Teilnehmenden zusammengefasst hat. Die Ergebnisse belegen folgende positive Auswirkungen von Job Crafting auf Mitarbeitende: Höheres Wohlbefinden Geringere Burnout-Raten Gesunkene Neigung zu Depression Ein Team von Wissenschaftlerinnen an der Universität Eindhoven konnte in einer Langzeitstudie inklusive Kontrollgruppe zudem eine erhöhte Performance bei der Bearbeitung von Aufgaben, eine höhere Zufriedenheit mit der eigenen Karriere sowie ein gestiegenes Engagement in der Arbeit nachweisen. Mehr Mitarbeiterzufriedenheit durch Job Crafting Nahezu jedes Unternehmen profitiert von Job Crafting, sagt Thiele. „Im Team kann Job Crafting dazu beitragen, dass die einzelnen Mitglieder ihre Stärken, Interessen, Neigungen und Leidenschaften mehr einbringen, mehr Freude an der Arbeit haben, zu besseren Ergebnissen gelangen und stressfreier durch den Arbeitstag kommen.“ Dadurch werden Führungskräfte entlastet. In den aktuell turbulenten Zeiten – in denen im Extremfall ganze Firmen durch zu viel Stress ausbrennen – ein ganz entscheidender Pluspunkt. Nonstop zufrieden im Job? Welche Grenzen hat Job Crafting? In jeder Firma gibt es Aufgaben, die niemand gerne macht. Hier stößt Job Crafting an seine Grenzen, da diese To-dos nicht einfach liegenbleiben dürfen. Vor allem strategische Inkompetenz muss bei offenen Gesprächen über Vorlieben im Job mitgedacht werden, so Thiele: „Job Crafting darf keine Ausrede sein, den anderen im Team die ungeliebten Aufgaben zuzuschustern oder auf dem eigenen Kompetenzniveau stehen zu bleiben – à la ‚Ich kann das nicht, ich mach das nicht‘.“ Des Weiteren hebt Thiele hervor: „Job Crafting kann bei Menschen, die sowieso schon sehr leidenschaftlich und motiviert arbeiten, die Entgrenzung von Arbeit fördern und in der Folge Konflikte mit der Familie verschärfen sowie das Burnout-Risiko erhöhen.“ Mehr zum Thema Work-Life-Blending „Dass man am Ende nur noch arbeitet, ist eine echte Gefahr“ Argument: Job Crafting geht bei uns nicht Trotz der zahlreichen erwiesenen Vorteile gilt Job Crafting nicht als Allheilmittel gegen unzufriedene Mitarbeiter. Kritiker betonen häufig, dass sich nicht jede Branche bzw. jeder Beruf für Job Crafting eignet. Ein Argument, das es zu hinterfragen gilt, findet Christian Thiele. „Job Crafting ist viel häufiger möglich, als man denkt“, sagt der Experte. „Ich höre immer wieder: ‚Tolles Konzept, aber bei uns in der Verwaltung, Chemie-Industrie, Hotelbranche, Klinik, und ähnliches geht das nicht mit dem Job Crafting…‘ Wenn ich mich allerdings umschaue, dann sind Job-Crafting-Workshops in unterschiedlichsten Branchen für Mitarbeiter unterschiedlichster Bildungs- und Qualifikationsniveaus möglich.“ Gerade in den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass Arbeitskonzepte und -prozesse völlig neu gedacht werden können, wenn es denn nötig ist – Stichwort hybrides Arbeiten während der Corona-Krise. Wer also feststellt, dass die Mitarbeiterzufriedenheit im eigenen Unternehmen sinkt, sollte sich über Job Crafting informieren – selbst dann, wenn es zunächst so scheint, als würde sich aktive Arbeitsplatzgestaltung nicht anbieten. Quelle: Christian Thiele: Job Crafting: Erfüllter und erfolgreicher arbeiten – mit Hilfe der Positiven Psychologie. Springer Gabler; 1. Auflage Januar 2023, 56 Seiten

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